„Was soll das?!“ fragte Herbert Grönemeyer 1988 in seinem Hit. Seine Frage und sein Vorwurf lieferten nun das Motto für die Podiumsdiskussion „Industrie? Was soll das!“ am 9. November 2016 im Marianne-Weber-Gymnasium (MWG) in Lemgo. Die Ziele: Mehr voneinander erfahren und Vorurteile abbauen. Im Mittelpunkt standen deshalb Fragen wie: Was machen Industrieunternehmen in Lippe und was bieten sie? Wie ist der Umgang miteinander? Wie ticken junge Menschen? Was erwarten sie von künftigen Arbeitgebern? Im Vorfeld hatte die Industrie- und Handelskammer Lippe zu Detmold eine Umfrage unter den Schülern gestartet. Ein Ergebnis: Die Mehrheit verbindet mit Industrie monotone Tätigkeiten, rauchende Schornsteine und Umweltverschmutzung. Lippe sehen sie nicht als Industriestandort. Genug Stoff also für eine spannende Diskussion mit den 370 Schülerinnen und Schülern der Oberstufe, die von Arne Heger und Laura Mühlenmeier moderiert wurde.
Stellvertretend für die 1.400 Industrieunternehmen in Lippe gaben Melanie Lehmann, Geschäftsführerin bei Oskar Lehmann (OL) aus Donop, und Hermann Trompeter, Unternehmensbereichsleiter Professional Education bei Phoenix Contact aus Blomberg, Einblicke in die heutige Arbeit und die Werte von lippischen Industrieunternehmen. In ihren Familienunternehmen kenne man sich, kurze Wege und ein offenes Miteinander prägten die Firmenkultur. Das bestätigte auch Arne Traue. Nach dem Abitur im MWG ist er als Dualer Student im Arbeitsleben angekommen. Im Team duzten sich alle, so Traue, auch mit den Vorgesetzten. Das kollegiale Miteinander und den Teamgeist findet er richtig gut. Für das Duale Studium hat er sich entschieden, weil er die Theorie aus dem Studium gleich mit der Berufspraxis verbinden könne. Und das in der Region, denn für Traue war immer klar, dass er in Lippe bleiben will: Er könne sich gut vorstellen, das Kalletal zu verlassen, Lemgo oder Blomberg seien ja auch sehr schön.
Ganz andere Zukunftspläne haben Niklas Dreier und Stina Marek, die – stellvertretend für die Oberstufenschüler – auf dem Podium saßen. Dreier möchte für ein Jahr in die USA, dann Jura studieren und in einem großen Konzern als Wirtschaftsjurist Karriere machen, am liebsten in einer Großstadt. Marek kann sich aktuell gar nicht vorstellen, in der Industrie zu arbeiten. Sie sieht die zunehmende Digitalisierung der Arbeit kritisch und möchte deshalb eher in einem sozialen Beruf tätig werden. Diesen Ball nahm Lehmann auf: Die lippische Industrie brauche nicht nur Techniker und Ingenieure. In Entwicklung, Marketing, Personalwesen oder Vertrieb würden auch Menschen mit kreativen, kommunikativen und sozialen Kompetenzen und Ausbildungen eingesetzt. Trompeter wies darauf hin, dass die Digitalisierung und Automatisierung den Menschen bei der Arbeit unterstütze, aber nicht überflüssig machen werde.
„Mit unserem Projekt sind wir ganz nah dran an den Jugendlichen und damit an einer unserer wichtigsten Zielgruppen“, freut sich Matthias Carl, stellvertretender Geschäftsführer bei der Industrie- und Handelskammer Lippe (IHK Lippe), über den gelungenen Auftakt. Die Diskussion, aber auch die Umfrage und eine vorbereitende Unterrichtseinheit hätten deutlich gemacht, dass die Jugendlichen in Lippe zu wenig über die Industrie und ihre vielfältigen Jobchancen wüssten. „Die Unternehmen müssen in den Schulen noch mehr Präsenz zeigen, um junge Menschen für die Industrie zu begeistern“, fordert Carl zum Mitmachen auf. Das Projekt soll im nächsten Jahr auch an anderen Gymnasien wiederholt werden. Interessenten aus der Industrie gebe es schon.
Foto: IHK Lippe